Ausblick: Die Epigenetik ist ein vielversprechender Ansatzpunkt der Krebsbekämpfung
Der Investment Case hängt bei 4SC auf absehbare Zeit von der erfolgreichen Entwicklung und Vermarktung des Hauptkandidaten Resminostat für CTCL ab. Durch die Kapitalerhöhung um 27,5 Mio. € im Juli 2015 wurden wichtige Mittel zur Fortführung des Studienprogramms bereitgestellt. Der Schwerpunkt liegt nun auf der Aufnahme einer Phase-II-Studie zu CTCL in der EU. Klinische Daten zu HCC und NSCLC, die der Partner Yakult 2016 bekanntgeben soll, erlauben u.U. eine Neubewertung von Resminostat in anderen Krebsformen außerhalb Asiens. Die Epigenetik ist, wie weiter unten erläutert, ein eigenständiger und effektiver Therapiemechanismus zur Behandlung bestimmter Krebsarten. Zugleich hat sie das Potenzial, andere Therapieformen zu verstärken, insbesondere in Verbindung mit der Immuntherapie. Resminostat und 4SC-202 setzen beide im Bereich der Epigenetik an.
Resminostat bei HCC und HL nachweislich sicher und wirksam
Resminostat offenbart eine vielversprechende Anti-Tumor-Wirkung und gute Verträglichkeit. Resminostat ist bislang bei Patienten in der EU und Asien in Phase I in unterschiedlichen Blut- und soliden Tumoren als Monotherapie sowie in Verbindung mit Chemotherapien getestet worden. Die Verträglichkeit war allgemein gut, die negativen Effekte betreffen vor allem den GI (Schwindel, Durchfall), Müdigkeit und Thrombozytopenie sind mit anderen HDAC vergleichbar oder diesen überlegen. Vor allem aber traten keine ernsten Leber-, Herz-Kreislauf- oder GI-Bluteffekte auf. Die Phase-II-Studie zu Hodgkin-Lymphomen (HL) als Monotherapie und zur Zweitlinienbehandlung von HCC in Kombination mit Sorafenib wurden abgeschlossen und deuten auf eine vielversprechende Anti-Tumor-Wirkung hin.
Die Phase-II-Studien zu Resminostat in seiner Hauptindikation als Erstlinie in HCC und NSCLC wurden gemeinsam mit dem Partnerunternehmen Yakult eingeleitet. Die erste Datenpräsentation zu HCC in Japan wird für 2016 erwartet. Sollte sie positiv ausfallen, wird erwartet, dass Yakult die entscheidende Phase-III-Studie zu HCC in Japan anschließt. Yakult führt in Japan außerdem Phase-I-Studien zu GI-Krebsarten (Bauchspeicheldrüse und Gallengang) durch. Der mit Menarini im April 2015 geschlossene Vertrag ermöglicht u.U. weitere HCC-Studien zu Resminostat in Asien (ex-Japan), sofern positive Daten vorliegen.
Resminostat könnte der erste in Europa zugelassene HDAC-Inhibitor für CTCL werden
Derzeit bereitet 4SC eine Phase-II-Studie zu Resminostat bei CTCL vor. Diese soll bei Vorliegen der entsprechenden behördlichen Genehmigungen im Sommer 2016 beginnen. Bei positiven Studienresultaten und erfolgter Zulassung wäre Resminostat damit das erste in Europa zugelassene HDAC für CTCL.
Die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-II-Studie mit Resminostat wird an ca. 150 CTCL-Patienten im fortgeschrittenen Stadium (> IIB) durchgeführt, bei denen die orale Bexarotenbehandlung nicht angeschlagen hat und der Krankheitsverlauf auch nach vier „Salvage“-Chemotherapiezyklen stabil ist (oder eine teilweise oder vollständige Reaktion vorliegt). Patienten, die diese Kriterien erfüllen, werden randomisiert und erhalten 24 Monate lang Resminostat und einen hohen Versorgungsstandard bzw. nur diese Versorgung (Placebo) sowie 12 Monate Nachsorge. Die Studie wird voraussichtlich bis H119 laufen.
Das Ausmaß unerwünschter Reaktionen (AE) ist der Schlüssel zur EU-Zulassung. Das zeigt das gescheiterte Präparat Vorinostat (Zolinza) von Merck & Co., das zurückgezogen wurde, nachdem der CHMP Zweifel hinsichtlich des klinischen Nutzens und der Nebenwirkungen, zu denen thromboembolische Ereignisse zählten, formuliert hatte (4,7% der Patienten hatten Lungenembolien). Zu den unerwünschten Reaktionen dritten und vierten Grades durch Vorinostat bei Phase-II-Studien an Hodgkin-Lymphomen (HL) zählten Anämie (32%), Thrombozytopenie (16%) und Lymphopenie (12%). Resminostat weist mit einer Quote von 8% Anämie und 14% Thrombozytopenie ein deutlich besseres AE-Niveau bei HL auf.
Die klinische Positionierung, die 4SC für Resminostat anpeilt, ähnelt anderen HDAC-Hemmern, die in den USA bereits zugelassen worden sind: Zweit-/Drittlinien nach mindestens einer systemischen Behandlung (in diesem Fall orales Bexaroten und Gemcitabin). Verglichen mit monoklonalen Antikörpererzeugnissen erwarten wir von Resminostat angesichts der deutlich höheren Kosten biologischer Produkte Preisvorteile.
Resminostat: ein Wirkstoff zum Priming des Immunsystems in der Krebsimmuntherapie
4SC hat vorklinische Daten zur immunmodulatorischen Wirkung von Resminostat vorgelegt. Es zeigt sich, dass die Erkennung und Aktivierung natürlicher Killerzellen (NK) und die tumorbedingte Antigenexpression und -präsentation verbessert und unspezifische immunsuppressive Mechanismen reduziert werden. Die Daten deuten auch auf eine mögliche Synergie zwischen Resminostat und anderen immuntherapeutischen Ansätzen wie Checkpoint-Hemmern (PD-1/PD-L1), Antikörpern und Immunstimulanzien hin.
Somit kann Resminostat möglicherweise Krebszellen nicht nur umprogrammieren, sondern auch die Abwehrmechanismen des Immunsystems gegen die Krebszellen stärken. Dadurch könnte sich eine wichtige Entwicklungsstrategie zur Erforschung des Kombinationspotenzials von Resminostat, z.B. mit PD-1/PDL-1-Blockade, ergeben, da die Priming-Eigenschaften von Resminostat die PD-1/PDL-1-Blockade vermutlich fördern. Die könnte eine Ausweitung auf Indikationen wie nicht und gering immunogene Tumoren ermöglichen.
Potenzielle Biomarker für Resminostat - Die ZFP64-Hypothese
Vorläufige Biomarkerdaten aus SHELTER (Phase II bei HCC) und SAPHIRE (Phase II bei Hodgkin-Lymphom) an 80 Probanden deuten darauf hin, dass sich anhand der Ausgangswerte bei der Genexpression von ZFP64 (Zinkfingerprotein 64) die klinische Reaktion auf Resminostat vorhersagen lässt. Vorbehaltlich der Tatsache, dass es sich um eine nachträgliche Analyse handelte, verweisen die Resultate auf eine positive Korrelation zwischen ZFP64-Ausgangswert der mRNA-Expression in peripheren Blutzellen und dem klinischen Nutzen: Patienten mit von Anfang an erhöhter ZFP-64-Expression zogen einen längeren OS-Nutzen (Median: fast doppelt so hoch) als solche mit geringer Expression. Vor allem aber zeigen die 4SC-Ergebnisse (erster Vortrag bei der ICLA-Konferenz, 12.-15. September 2013), dass nur Resminostat die ZFP64-Regulation herunterreguliert, währen Sorafenib dies offenbar nicht vermag. Schließlich wurden keine Differenzen in der ZFP64-Korrelation mit OS für Resminostat allein oder in Kombination mit Sorafenib festgestellt. Wichtig ist auch, dass ZFP64 per Echtzeit-PCR (Polymerase-Kettenreaktion) problemlos messbar ist. Außerdem weisen wir darauf hin, dass die Phase-II-Studien von Yakult zu HCC/NSCLC grundsätzlich die ZFP64-Werte berücksichtigen, so dass weitere Einblicke in die Eignung von ZFP64 als potenziell prädiktiver Biomarker für Resminostat zu erwarten sind.
4SC-202: das andere epigenetische 4SC-Krebsmedikament
4SC-202 ist das zweite epigenetische Medikament von 4SC, das selektiv die drei HDAC-Isoformen 1, 2 und 3 und mit LSD1 noch ein weiteres epigenetisches Target hemmt. 4SC-202 wird einmal täglich oral verabreicht. Zwar befinden sich bei Oryzon und GlaxoSmithKline zwei weitere LSD1-Hemmer in Phase-I/II-Studien, 4SC-202 ist aber das einzige dual wirkende Epigenetikprodukt, das sowohl bei HDAC als auch LSD1 wirkt.
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Wirkprinzip – 4SC-202 hemmt präzise die lysinspezifische Demethylase 1A (LSD1) sowie HDAC1/2 und 3. LSD1 und HDAC1/2 sind zentrale Bausteine synergetisch wirkender CoREST- und NuRD-Komplexe. NuRD- und CoREST-Komplexe sind an der Genregulierung verschiedener Pfade wie TGFb, der Zellkommunikation, der fokalen Adhäsion, MAPK und Zellzyklen beteiligt, die wichtige Funktionen für das Wachstum sowie Überleben, Migration und Invasion der Zellen haben.
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Es gibt Belege für Wechselwirkungen zwischen der LSD1- und HDAC-Inhibition bei Brustkrebszellen (Vasilatos et al. 2013, Karzinogenese).
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4SC-202 aktiviert auch die Tumorsuppressoren Nur77 und Nor1. Nur77 reguliert die Proliferation, Apoptose, Entzündung und den Glukosestoffwechsel der Zellen und spielt eine zentrale Rolle bei der Regulierung von Zellproliferation, -differenzierung, -stoffwechsel und -apoptose. 4SC-202 bewirkt gegenüber HDAC-Hemmern eine starke Hochregulierung von Nur77 und Nor1 (wie an der AML-Zelllinie ablesbar).
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4SC-202 wirkt bei Hedgehog- und Smo-unabhängiger HH-Signalgebung stark hemmend. HH istein Signalweg, der Informationen an embryonale Zellen übermittelt, die für eine normale Entwicklung erforderlich sind. Auf die Aktivierung des HH-Pfades ist auch bei der Krebsentwicklung in unterschiedlichen Organen hingewiesen worden. Smo (von engl. smooth = glatt) ist ein G-Proteingekoppelter Rezeptor, der Teil der HH-Signalgebung ist. Smo-unabhängig ist eine entkoppelte Form dieses Pfades und verläuft unabhängig von der Smo-Aktivierung bzw. -Deaktivierung.
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Phase-I-Studie – im Juni 2014 wurde im Rahmen des ASCO-Jahreskongresses in Chicago ein erstes Set positiver Daten aus der Phase-I-Studie TOPAS von 4SC bei Patienten mit fortgeschrittenen Blutkrebs vorgestellt. 4SC-202 ist demnach sicher und verträglich. Insbesondere die Verbindung offenbarte vielversprechende Hinweise auf eine Anit-Tumor-Wirkung sowohl mit Blick auf die langfristige Stabilisierung der Erkrankung als auch auf die Verkleinerung des eigentlichen Tumors. Die Population setzte sich aus 24 stark vorbehandelten Patienten zusammen, an denen unterschiedliche Dosierungen getestet wurden. Während der Studie reagierte ein Patient mit einer kompletten Remission (CR). Hier verschwanden sämtliche erkennbaren Tumorläsionen vollständig. Ein anderer Patient reagierte mit einer ähnlich vielversprechenden partiellen Remission (PR). Bei der Hälfte der Studienpopulation konnte das Voranschreiten der Erkrankung für über 100 Tage gestoppt werden. In 13% der Population wurde die Krankheit über ein Jahr lang stabilisiert, bei einem Patienten sogar für mehr als zwei Jahre.
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Weitere vielversprechende Daten – Nach der umfassenden Analyse zur Vorbereitung einer möglichen Phase-II-Studie hat das Unternehmen bekanntgegeben, dass die Daten darauf hindeuten, dass 4SC-202 die endogene Immunreaktion auf Krebszellen verstärken. Dies wurde im Rahmen weiterer Versuche an Zellkulturen bestätigt.
Angesichts der bislang positiven Ergebnisse erwägt 4SC weiterhin eine Reihe von Optionen zu einer möglichen Phase-II-Entwicklung von 4SC-202. 4SC-202 besitzt - möglicherweise in Zusammenarbeit mit Partnern - das Potenzial, unsere Auffassungen von Krebstherapie durch die Entwicklung von Behandlungen, die an den Krebsstammzellen ansetzen, zu verändern. Dadurch könnte eine ganze Reihe neuartiger Therapiechancen bei Blutkrebs und soliden Tumoren eröffnet werden, darunter:
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Nichtadjuvante Therapie
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Lebensverlängernde und die Lebensqualität der Krebspatienten erhöhende Maßnahmen
4SC-205: nicht epigenetisch, aber eines von wenigen seiner Art
Es handelt sich um ein oralen Kleinmolekülhemmer des Kinesin-Spindelproteins (KSP), auch bekannt als Eg5, der sich als einer von zwei in der frühen Phase der klinischen Entwicklung befindet (der andere ist Filanesib von Array Biopharma).
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Wirkprinzip – Das Präparat blockiert das Kinesin-Eg5-Motorprotein, das für die Zellteilung wichtig ist (Eg5 ist bei der Trennung der Spindelpole bei der Mitose entscheidend). Die Eg5-Hemmung führt zu Fehlern bei der Spindelbildung, zur Unterbrechung der Mitose und zur Zellapoptose.
Phase-I-Studie – Phase I läuft. Ein umfassendes Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil liegt vor und auch das pharmakokinetische Profil ist hervorragend. Biomarkeranalysen haben außerdem die gewünschte Wirkweise von 4SC-205 bestätigt. Inzwischen ist die Studie ausgeweitet worden und widmet sich im Rahmen einer Erweiterungsstudie aktuell einer neuen, innovativen Dosierungsform.
Histone: Die kreativen Köpfe der Genexpression
Histone kann man als die kreativen Köpfe der Genexpression bezeichnen. Gene sind die Farben im Malkasten des Künstlers und enthalten alle Informationen, die für das Gemälde notwendig sind. Histone hauchen diesen Grundfarben Leben ein und machen das Meisterwerk so erst möglich.
Die Fähigkeit der Histone, diese Aufgabe zu erledigen, erklärt sich durch die Komplexität der Histonproteinmodifikationen. Zwar existieren nur fünf Histonfamilien; es gibt aktuell aber über 70 Arten der Proteinmodifikation, die in verschiedenen Permutationen in den 20 Millionen Nukleosomen stattfinden können.
Die Histone verfügen über lange N-terminale Enden, die über das Nukleosom hinausragen und nach der Translation modifiziert werden können (Abb. 4). Dies geschieht unter anderem durch Methylierung, Acetylierung, Phosphorylierung, SUMOylierung, Ubiquitinierung und ADP-Ribosylierung. Die Modifikation von Enzymen erfolgt vor allem an den N-terminalen Enden, kann aber auch in der globularen Region des Nukleosoms stattfinden.
Sie beeinflusst die Genexpression. Damit ist die Feinjustierung der Histonaktivität ein wesentlicher Gesundheitsfaktor . Negative Veränderungen der Histonaktivität können zu bestimmten Erkrankungen wie Krebs führen. Die Histonaktivität wird von den Veränderungen der N-Enden beeinflusst. Daher sind Veränderungen an der Aktivität der modifizierenden Enzyme, die z.B. die Methylierung bzw. Acetylierung katalysieren, für die Histonaktivität und damit auch für die Genexpression verantwortlich.
Epigenetische Ansatzpunkte der Krebstherapie
Abb. 5 unten veranschaulicht die zahlreichen zielgerichteten Ansätze der Krebsbehandlung der letzten 10-15 Jahre. Zu den Therapieformen zählen Kleinmoleküle und monoklonale Antikörper. In jüngerer Zeit ist die Immuntherapie mit Checkpoint-Hemmern und transgenen T-Zellen (CAR-T-Zellen) hinzugekommen. Epigenetische Therapien können als relativ neue Behandlungsform betrachtet werden, die über die in Abb. 5 gezeigte Genominstabilität und mutation hinausgeht. Es handelt sich also um eine vollkommen neuartige, innovative Ergänzung des Arsenals zur Bekämpfung von Krebsarten, die aufgrund von Chromatinveränderungen entstehen.
Abb. 5: Ansatzpunkte der Krebsbekämpfung
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Quelle: Cell, Vol. 144, Nr. 5, S. 646-674, 4. März 2011
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Zahlreiche Krebsarten werden mit epigenetischen Mechanismen der Enzyme in Verbindung gebracht, die posttranslatorische Modifikationen der Histone verursachen. Dementsprechend existiert eine ganze Reihe unterschiedlicher Ansätze (Abb. 6) zur Blockierung der Acetylierung und Methylierung der N-Enden an den Histonketten.
4SC verfügt über zwei epigenetische „Kandidaten“, die sich derzeit in der Entwicklung befinden: Resminostat und 4SC-202. Resminostat ist ein Histondeacetylase-Inhibitor (HDACi) und setzt bei der Acetylierung der Histonkette an. Seine Sicherheit und Verträglichkeit wurden bereits nachgewiesen, derzeit befindet sich das Präparat in Phase-II-Studien zu HCC (in Kooperation) und CTCL. Der zweite Kandidat ist 4SC-202, ein Histondemethylase-Inhibitor, der bei Vorliegen einer gesicherten Finanzierung bzw. Partnerschaft eine Phase-II-Studie zu SCSL bzw. Blutkrebs durchlaufen soll.
Abb. 6: Wirkung unterschiedlicher Moleküle an epigenetischen Targets
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Die Relevanz der Epigenetik als Ansatzpunkt wird von einer Reihe weiterer HDAC-Inhibitoren untermauert, die sich bei diversen Krebsarten als wirksam erwiesen haben, darunter etliche bereits erhältliche Präparate (Abb. 7). Neben HDAC gibt es noch weitere epigenetisch ausgerichtete Therapiemöglichkeiten, die schon jetzt auf dem Markt sind oder in klinischen Studien untersucht werden. Hierzu zählen Inhibitoren der Histondemethylase (HDMi), der Histonmethyltransferase (HMTi), der Histonacetyltransferase (HATi) sowie das Entubiquitinierungsenzym (DUBi). Ältere Studien deuten auf viele Kandidaten hin, die entweder als Monotherapien oder zur Wirkungsintensivierung anderer Medikamente mit anderen, komplementären Wirkmechanismen eingesetzt werden können.
Abb. 7: Epigenetische Medikamente: Vermarktung und klinische Entwicklung
Präparat |
Hersteller |
Typ |
Phase |
Studiendate |
Anmerkung |
Bortezomib |
Takeda/Millennium |
DUBi |
Markt |
|
USA/EU: für multiple Myelome und Mantelzelllymphome |
Vorinostat |
Merck & Co |
HDACi |
Markt |
|
USA: nur für CTCL |
Romidepsin |
Celgene |
HDACi |
Markt |
|
USA: nur für CTCL u. PTCL |
Belinostat |
Spectrum |
HDACi |
Markt |
|
USA: nur für PTCL |
Panobinostat |
Novartis |
HDACi |
Markt |
|
USA/EU: für multiple Myelome |
Azacitidin |
Celgene |
DNMTi |
Markt |
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USA/EU: für MDS, CMML u. AML |
Decitabin |
Janssen/Eisai |
DNMTi |
Markt |
|
USA/EU: für MDS u. AML |
Hydralazin |
Wissenschaft/KH |
DNMTi |
Phase III |
H2-18 |
Studie an 230 Gebärmutterhalskrebspatientinnen |
Quisinostat |
JNJ |
HDACi |
Phase II |
|
Studie an 26 CTCL-Patienten |
SHAPE (SHP-141) |
TetraLogic |
HDACi |
Phase II |
Mai 2016 |
Topische Anwendung auf frühe CTCL-Stadien |
Phenelzin |
NCI |
HDMi |
Phase II |
H2-17 |
Bekanntes Antidepressivum, als Generikum erhältlich |
E7438 |
Epizyme |
HMTi |
Phase II |
H2-17 |
B-Zellen-Lymphome/solide Tumore |
Resminostat |
4SC |
HDACi |
Phase II |
2019 |
Chemo-Nachbehandlung bei fortgeschrittenem CTCL |
4SC-202 |
4SC |
HDACi & HDMi (LSD1 i) |
Phase I |
Abgeschlossen |
Phase II in Vorbereitung (SCLC und Blutkrebs) |
ORY-1001 |
Oryzon |
HDMi (LSD1 i) |
Phase I/II |
2017 |
AML |
Carfilzomib + Romidepsin |
Onyx |
DUBi + HDACi |
Phase I |
|
Sämtliche CTCL-Stadien |
Bortezomib + Romidepsin |
Takeda/Celgene |
DUBi + HDACi |
Phase I |
|
Versch. Leukämie- u. Lymphomtypen |
GSK2879552 |
GSK |
HDMi (LSD1 i) |
Phase I |
Sept. 16 |
AML (irreversible Hemmung) |
EGCG |
Wissenschaft/KH |
DNMTi |
Phase II |
H1-18 |
2941 Patienten: Darmkrebsreduktion |
Curcumin |
Wissenschaft/KH/SignPath Pharma |
HMTi |
Diverse |
2017-20 |
Zahlreiche Studien zu Post-Prostatektomie, Prostata-, Darm- und soliden Tumoren |
Quelle: ClinicalTrials.gov. Abkürzungen: HDACi = Histondeacetylase-Inhibitor, HDMi = Histondemethylase-Inhibitor, HMTi = Histonmethyltransferase-Inhibitor, DUBi = Entubiquitinierungsenzym-Inhibitor, DNMTi = DNA-Methyltransferase-Inhibitor, LSD1 i = Lysindemethylase-1-Inhibitor, EGCG = Epigallocatechin-3-Gallat, AML = akute Myeloische Leukämie, MDS = myelodysplastisches Syndrom.
Zwar sind bereits einige epigenetisch ausgerichtete Produkte am Markt erhältlich; dennoch befindet sich dieser Therapieansatz noch in einem frühen Entwicklungsstadium. Hier liegt die Chance für 4SC, da Resminostat bei CTCL und HCC offenbar sicherer und wirksamer ist und in seiner epigenetischen Klasse praktisch kein klinischer Wettbewerb bei diesen Indikationen existiert.
Zur Veranschaulichung der Potenzials erfolgreicher Kandidaten in diesem Bereich: Velcade (Bortezomib) erzielte 2014 einen weltweiten Umsatz von knapp drei Mrd. Dollar (bei multiplen Myelomen und Mantelzelllymphomen) und zählt zu den 50 umsatzstärksten Medikamenten der Welt.